Kganye, die vor allem für ihre fotografischen Arbeiten bekannt ist, integriert wiederholt das Archiv und das Performative in eine Praxis, die das Erzählen von Geschichten und die Erinnerung, wie sie sich in der familiären Erfahrung abspielt, in den Mittelpunkt stellt. Ihr kontinuierliches Interesse an der Materialität der Fotografie wird auf vielfältige Weise durch den Einsatz von Skulpturen, Performances und bewegten Bildern sichtbar. Ihre Arbeit spiegelt ebenso eine südafrikanische Erfahrungswelt, wie sie sich auch kritisch mit mündlichen Überlieferungstraditionen und dem Gedächtnis als unzuverlässigem Erinnerungsspeicher auseinandersetzt. 2022 war sie eine der drei zeitgenössischen Künstler:innen, die Südafrika auf der Biennale in Venedig vertraten.
Ausgangspunkt von Lebohang Kganyes Projekt ist ein Konvolut von Abbildungen der deutschen Malerin und Fotografin Marie Pauline Thorbecke, die im Archiv des Rautenstrauch-Joest-Museums aufbewahrt werden. Thorbecke unternahm von 1911-1913 gemeinsam mit ihrem Mann Franz eine Expedition nach Kamerun im Auftrag der Deutschen Kolonialgesellschaft. Rund 110 Jahre später reist Kganye auf diesen Spuren erneut durch das Land und verwebt Erinnerungen, Eindrücke und Erzählungen aus weiblicher Perspektive in einer Videoarbeit und einer Rauminstallation.
Lebohang Kganye auf dem Photoszene-Festival 2023
Lebohang Kganye wurde von Studierenden im Masterstudiengang „Photography Studies and Research", der von Prof. Dr. Steffen Siegel geleitet wird, interviewt. Sie spricht über ihre künstlerische Praxis und ihr Residency Projekt.
Mehr zu Lebohang Kganye:
https://www.lebohangkganye.co.za
https://www.instagram.com/lebohang_kganye
Lebohang Kganye besucht das Archiv im Rautenstrauch-Joest Museum
Rautenstrauch-Joest-Museum
Das Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt in Köln ist das einzige städtische ethnologische Museum in Nordrhein-Westfalen. Das Museum besitzt eine der zehn größten und bedeutendsten ethnografischen Sammlungen Deutschlands. Die Sammlungen umfassen mehr als 165.000 Objekte aus Ozeanien, Afrika, Asien und den Amerikas. Das Historische Fotoarchiv im Rautenstrauch-Joest-Museum beherbergt rund 100.000 fotografische Objekte von der Frühzeit der Fotografie bis in die 2000er Jahre und aus nahezu allen Regionen der Erde. Aufnahmen von Kolonialbeamt:innen, Missionar:innen, Forschungsreisenden oder Abenteurer:innen finden sich hier ebenso wie Aufnahmen aus Fotostudios rund um den Globus, Bild-Postkarten, Fotograf:innennachlässe oder Aufnahmen und Alben aus Privatbesitz.
Das Archiv ist Bestandteil der Fotografischen Sammlung. Seine Gründung wird datiert auf das Jahr 1899, die Bestände sind zeitlich und räumlich eng an die koloniale Expansion des deutschen Kaiserreichs geknüpft. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielte Fotografie eine maßgebliche Rolle: Sie diente der kolonialwissenschaftlichen Forschung, der offiziellen wie persönlichen Dokumentation kolonialer Erfahrung und nicht zuletzt der Verbreitung kolonialer Haltungen und Vorstellungen, die teils bis heute Klischees und Vorurteile erzeugen. Fotografie aus kolonialen Kontexten ist gegenwärtig wichtiger Bestandteil von Diskursen um Repräsentation und Teilhabe.